Heute eine weitere Ausgabe der Serie “gwöhnlich sind anderi – verrückte Geschichten mit dem EHC Chur.” Wir blicken dieses Mal zurück auf den vorerst letzten Aufstieg in die NLB im März 2003.
Wir holen aber noch etwas weiter aus und schreiben das Jahr 2002. Der EHC Chur ist soeben sang- und klanglos und zum vierten (und bis heute letzten) Mal aus der Nationalliga A abgestiegen. Aufgrund der finanziellen Misswirtschaft wird dem Club keine Spielberechtigung für die NLB erteilt, Folge davon: der EHC Chur muss runter in die erste Liga.
Mit dieser Relegation in die Amateurliga beginnen schwierige Monate für den Stadtclub. Es fehlt der Vorstand, es fehlt das Geld, und es fehlen sogar die Spieler für die erste Mannschaft. Erst durch viel Herzblut einzelner rafft sich der Verein auf und vermeldet alsbald das Ziel: sofortiger Wiederaufstieg in die NLB, dort, wo der EHC nach damaligen Befinden hingehört. Das Kader des Fanionteams wird laufend verstärkt, diverse gestandene NLA-Spieler und junge, talentierte junge Churer formieren eine Mannschaft, welche eigentlich diskussionslos durchmarschieren müsste. Das konjunktiv verrät es, denn es kam dann doch ein wenig anders. Klare Siege wechselten sich mit unerwarteten Punktverlusten ab, schliesslich landete der EHC nach Ablauf der Quali «nur» auf dem zweiten Tabellenrang hinter Winterthur.
In den Playoffs schalteten die Mannen von Remo Gross zuerst Wil, dann Dübendorf aus, ehe es zum Finale gegen den EHC Winterthur kam. Die Eulachstädter genossen hierbei Heimrecht in der Best of Three Serie und gewannen die erste Partie souverän mit 3:0. Ein herber Dämpfer für Chur, welches somit am einzigen Heimspiel der Serie drei Tage später bereits enorm unter Druck stand. Verlieren verboten, sonst ist es aus mit dem Traum des sofortigen Wiederaufstiegs.
Doch der Stadtclub tat sich vor knapp 1’200 Zuschauern im Hallenstadion enorm schwer, die Gäste dominierten die Partie und führten nach 36 Minuten nicht unverdient mit 0:3 Toren. Nichts, aber auch gar nichts deutete zu diesem Zeitpunkt noch auf ein Überleben des EHC Chur hin, zumal beim dritten Treffer sogar der sonst so sichere Jonas Müller im Tor der Steinböcke geschlampt hatte.
Wir sagen es ja aber nur zu oft, somit muss es dann wohl auch stimmen: der EHC Chur macht meistens das, was man nicht von ihm erwartet, auch an diesem kühlen Dienstagabend. Der erste Treffer durch Roger Capaul wurde auf den Rängen noch als kleines Zwischentief Winterthurs aufgefasst, erst, als Fleischhauer zum 2:3 verkürzen konnte, kehrte endgültig die Hoffnung zurück ins Stadion. Die Zeit zerrann aber unbarmherzig, es liefen bereits die Schlussminuten, als beide Teams eine kleine Strafe fassten. Headcoach Gross riskierte alles und zog seinen Goalie für einen fünften Feldspieler. Das Churer Powerplay zog sich immer mehr um das Gehäuse von Winterthurs Bolliger zu, 13 Sekunden vor Schluss, Captain Marc Haueter am Puck. Querpass nach rechts zu Dani Peer, welcher aus dem Slot direkt mit einem Flachschuss abzog, und traf!!!!10 Sekunden vor Schluss rettete Peer ein ganzes Stadion vor der grossen Ernüchterung.
Vorerst. Denn noch war nur der Ausgleich geschafft, es ging in die zwanzigminütige Verlängerung und schliesslich ins Penaltyschiessen. Die Chronologie eines nervenaufreibenden Shootouts: keiner traf, ausser Dani Peer, «Ich war der vierte Schütze und ich habe ein wenig beobachtet. Alle haben was probiert, und ich dachte mir, ach komm, ich schiess einfach durch die Beine, und irgendwie ist der Puck dann halt rein.“ Mit diesen zwei wohl wichtigsten Treffern seiner Karriere stellte Peer den 1:1 Ausgleich in der Serie um den Aufstieg gegen Winterthur her. Und der Rest war, wie es so schön heisst, Geschichte! Chur gewann die Belle am darauffolgenden Donnerstag in Winterthur diskussionslos – wenn auch nach einem Rückstand – mit 7:1 und stieg in die NLB auf!
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