Der EHC Chur wurde am Ostersamstag Amateur-Schweizermeister, die Emotionen im proppenvollen Thomas Domenig Stadion waren schlicht unbeschreiblich, die EHC Familie hat diesen Triumpf gefeiert wie nur wir es können – einmalig und eben, «gwöhnlich sind anderi». Wieso aber hat dieser Titel für so extrem viel Emotionen und Glücksmomente gesorgt, welche auch noch Tage und Wochen nachhallen?
Wir versuchen zu erklären, was eigentlich nicht zu erklären ist.
Grundsätzlich und pragmatisch formuliert könnte man einfach sagen: unsere erste Mannschaft hat in dieser Saison die grösstmöglichen Ziele erreicht, Aufsteiger und Meister! All die Trainingsstunden auf dem Eis, am Taktikbrett, im Kraftraum, in der Kondi und die gut 50 Pflichtspiele haben sich maximal ausbezahlt. Die Jungs haben sich für ihren grossen Aufwand einfach gleich selbst belohnt und den grossen, blauen Pott geholt. Eine wahnsinnige Genugtuung für eine Truppe, welche eine Wahnsinns-Saison hingelegt hat und sich durch nichts und niemanden hat kleinkriegen lassen!
Gleiches kann man für alle Funktionäre und Helfer hinter und vor den Kulissen behaupten, welche sich tagein tagaus den Allerwertesten aufreissen, um den grösstmöglichen Erfolg zu ermöglichen, die meisten hiervon ehrenamtlich und ohne die jeglichsten Gegenforderungen. Auch sie haben sich diesen Meistertitel mehr als nur verdient.
Somit kommen wir zu uns, den Fans. Und obwohl es abgedroschen tönt, dieser Titel ist vor allem für uns. Dabei muss man ganz einfach auch unsere Leidengseschichte anführen. Du wirst irgendwann mit dem EHC Virus infiziert (ob du es willst oder nicht), reist – um es mit den Worten von Jürg Sigel auszudrücken – deiner Mannschaft auch nach, selbst wenn sie auf einem gefrorenen Tümpel irgendwo im Niemalsland gegen den hintersten Provinzclub antreten. Es ist noch nicht sooo lange her, spielte Chur auf der offenen Eisbahn in Illnau auf einen mit Laubblättern übersähten Eisfeld oder bei minus 30 Grad und mit Staubmasken im tiefsten Engadin – Meisterschaft notabene. Oder schon nur die jüngeren Episoden in Morges oder Düdingen, als der EHC im tiefsten Abstiegsstrudel kein Bein vors Andere brachte. All diese Tiefschläge, Krisen und Misserfolge (und ja, auch der Hohn und Spott) – und von denen gab es in unserer Geschichte nur zu viele – haben diesem grossartigen Erfolg am Samstag noch mehr Glanz verliehen. Natürlich, wir könnten auch Fan eines Serienmeisters a la Bayern München sein und einfach jedes Jahr den Titel holen – wollen wir aber nicht, denn das sind wir nicht.
Im Pandemonium des Meistertitels lag man sich so oft in den Armen und hörte die Worte «weisch no, z Morges, 10 Stunda gfahra, geg 12 Juniora verlora, und jetz das, das hemmer üs so öpis vu verdiant!» Ja, Krisengestählt, und umso süsser ist nun dieser Triumph. «Langnau, dr Elik-Fluach isch endli brocha, 25 Johr spöter hemmers eeeeendli gschafft.» Nur zwei Beispiele, welche aber aufzeigen, welch Balsam dieser Titel für die geschundene Churer Fanseele ist.
Kehren wir nocheinmal zurück zum sportlichen. Dass es in diesem Finale ausgerechnet der EHC Seewen sein musste, hat ebenfalls Symbolcharakter. Die sympathischen Schwyzer bleiben weiterhin maximal assoziiert mit den grössten Erfolgen unserer jüngeren Vereinsgeschichte. Der Aufstieg 2011 aus den Niederungen, die Quali für die MSL, der unglaubliche «nicht Abstieg» 2019 und nun das. Wie Phönix aus der Asche von einem 0:2 in der Serie zurückgekehrt, als es bereits aussichtslos schien. All die enttäuschenden Erfahrungen während unserer 91jährigen Geschichte kamen hoch, so manch einer sah den EHC Seewen am Gründonnerstag bereits auf dem Eis feiern. Pessimistisch? Dumm? Schlechte Vibes? Immerkehrende Flashbacks? Nur Selbstschutz? Wer weiss, doch es kam dieses Mal anders, Chur gewann tatsächlich das einzige, aber entscheidendste Penaltyschiessen der gesamten Saison!!
Erlaubt mir an dieser Stelle eine kleine Anekdote: wir standen bei beiden Spielen im Zingel unmittelbar neben den Eltern von Torhüter Niels Riesen. Der junge Zürcher hat sich während der letzten Monate mit dem pfeifferischen Drüsenfieber herumgeschlagen und war/ist wahrscheinlich noch immer nicht bei 100%. Diese Schwächung war während der ersten Finalspiele spürbar, einige Male mussten sich die Eltern Riesen anhören, «hai, dä muasser doch ha.» Und dann kratzt der Niels im vierten Spiel – unmittelbar vor uns – alle fünf Penalties und sichert dem EHC in Extremis diesen wegweisenden Sieg. Man stelle sich nun diesen Stolz und die Genugtuung bei den Eltern vor, und das völlig zu Recht. Dass Niels (spätestens) ab dann absolut überragend hielt und der grosse Baustein zum Erfolg war, ist ganz einfach nur wunderbar. Was für eine grandiose Geschichte.
Oder wenn wir bei Spielern sind: der «ewige» Ron Fischer, der dienstälteste Spieler im Kader des EHC (und eigentlich «unser Captain»). Auch er, über viele Jahre viel Dreck gefressen, jeden Sch… mitgemacht, und nun krönt er seine Karriere beim EHC Chur mit diesem Titel. Seine Schulterverletzung gegen Langenthal verhinderte seine Teilnahme an den Halb- und Finalspielen, dennoch war «Fischi» unermüdlicher Antreiber auf der Bank und hat sich diesen Titel wohl mehr als jeder andere verdient. Die Worte – welche uns Ron im Nachgang zum Finale geschrieben hat – bleiben bei uns, zeugen aber von seiner grossen Verbundenheit zum EHC Chur.
Es gäbe noch so viele kleine und grosse Geschichten, welche diesen Erfolg so unglaublich schön machen. Sie alle aufzuführen, würde wohl den Rahmen sprengen. Es bleibt aber festzuhalten, dass die Saison 2023/24 die (vorübergehende) Krönung jahrelanger harter Arbeit, kleinen und grösseren Erfolgen aber auch vielen Enttäuschungen geworden ist. Wie es Alt-Bundesrat Dölf Ogi so schön sagte, «Freude herrscht». Gewaltige Freude!
Geniessen wir es, denn von diesem Meistertitel mit all seinen Bildern, Eindrücken und Emotionen werden wir noch lange zehren und mit Sicherheit nie wieder vergessen. Nützen wir dieses Momentum für die Zukunft! Weiter, immer Weiter – miar sind EHC – gwöhnlich sind ebba halt doch anderi!!!